Grundprinzipien der Homöopathie

Die Grundprinzipien der homöopathischen Heilkunst wurden erstmals 1796 formuliert.

Dr. med. habil. Samuel Hahnemann (1755-1843), einer der führendsten Wissenschaftler jener Zeit, stieß bei der Übersetzung eines englischsprachigen medizinischen Werkes auf Unklarheiten bzgl. der Wirkungsweise der Chinarinde bei Wechselfieber (Malaria). Im Jahr 1790 führte er seinen berühmten Chinarindenversuch durch, welcher ihm aufzeigte, dass er jedes Mal bei Einnahme des Chinarindenpulvers die Symptome des Wechselfiebers bekam. Die Anfälle dauerten jeweils 2-3 Stunden und erneuerten sich nur, wenn er die Einnahme wiederholte. Durch die Ähnlichkeit der bei ihm aufgetretenen Krankheitserscheinungen mit den ihm bekannten Malaria-Symptomen geleitet, schien er den wahren Grund für die Heilfähigkeit der Chinarinde bei Malaria gefunden zu haben: nämlich, dass eine Arznei, die einen gesunden Menschen krank macht, kranke Menschen heilen kann.

Angeregt durch diese Entdeckung, prüfte Hahnemann 6 Jahre lang verschiedene Stoffe und Arzneien, die er 1796 seine Ergebnisse im Hufelandjournal unter dem Titel „Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen – nebst einigen Blicken auf die bisherigen“ veröffentlichte.

Das Jahr 1796 gilt als das Geburtsjahr der Homöopathie.

In den darauf folgenden Jahren prüfte Hahnemann weitere Substanzen an sich und anderen Freiwilligen; die Resultate veröffentlichte er in über 11 Buchbänden, sowie zahlreichen anderen Publikationen. Im Verlauf weiterer Forschungen erkannte Hahnemann, dass das Auftreten von Krankheitssymptomen „nur“ Verstimmung der Lebenskraft bedeutet, dass eine tief im Inneren vorhandene unsichtbare Kraft aus der Ordnung geraten ist. Diese Kraft verleiht Körper, Seele und Geist all die Fähigkeiten, die benötigt werden, um das Leben zu erhalten und alle Lebensvorgänge zu steuern. Somit gab es also für ihn eine immaterielle Kraft, die den materiellen Körper belebt. Er folgerte: Wenn eine immaterielle Kraft aus der Ordnung geraten und der materielle Körper dadurch krank werden kann, so muss die Heilung folgerichtig bei der Wiederherstellung der immateriellen Kraft (Lebenskraft, Lebensenergie) ansetzen. Nach langen Jahren des Experimentierens kam Hahnemann zu der Erkenntnis, dass die verabreichten Medikamente an Kraft zunahmen, je mehr man sie verdünnte und verschüttelte. Alleinige Verdünnung hatte keinen Effekt. Vielmehr schlüsselte er durch das Verdünnen und Verschütteln die verborgenen Arzneikräfte auf und machte so auch materiell unwirksame Rohstoffe(Kochsalz, Gold, Kupfer, Eisen etc.) zu wertvollen homöopathisch einsetzbaren Arzneimitteln. Dieses Verfahren nannte er Dynamisieren oder Potenzieren. Bei den so genannten Hochpotenzen findet man kein einziges Molekül der Ausgangssubstanz, d.h. es ist nichts Materielles mehr vorhanden. Lediglich die Energie, oder anders gesagt, eine für die Ausgangssubstanz typische Information ist erhalten geblieben bzw. aufgeschlüsselt worden. Diese Energie ist es, die die verstimmte Lebenskraft zur Harmonie und Ordnung bringen kann- die Folge ist Gesundung.

 

Ähnlichkeitsregel

 

„Similia similibus curentur“ – Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt“ oder „Wähle, um sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden für sich erregen kann, als sie heilen soll.“ (Siehe Chinarindenversuch).

D.h., die Aufgabe des Therapeuten besteht darin, für jeden Patienten das dem jeweiligen Krankheitszustand entsprechende individuelle Heilmittel zu finden. Er nimmt dafür alle krankhaften Veränderungen im Befinden des Patienten auf (körperlich, seelisch-geistig, etc.) und bestimmt hieraus das ähnlichste Heilmittel. Die Arzneiwahl ist eine ausnehmend schwierige Aufgabe – eine wirkliche Heil-„Kunst“.

Auch die Dosis und Stärke der verordneten Arznei werden der Empfindlichkeit des Patienten individuell angepasst. Wichtig ist, dass immer nur eine Arznei verordnet wird, der dann andere, (insbesondere in chronischen Fällen) wiederum einzeln verordnet, folgen können. Therapeut und Patient stehen in engem Kontakt, so dass der Verlauf der Behandlung individuell begleitet und beobachtet wird. Neben der arzneilichen Verordnung können diätetisch-hygienische Empfehlungen ausgesprochen werden.

 

Arzneimittelprüfungen

 

Die Arzneimittelprüfung, wie oben schon erwähnt, ist die Grundlage der Arzneimittelkenntnisse. Alle Symptome, die ein gesunder Mensch bei Einnahme einer Substanz/Arznei an sich beobachtet hat, werden gesammelt und aufgeschrieben. Ebenso die Symptome anderer gesunder Prüfer. Aus der Sammlung all dieser, für eine Substanz gefundenen und erfahrenen Beobachtungen, werden sog. Arzneimittelbilder entworfen. In diesen Symptomensammlungen finden wir sämtliche körperlichen, seelisch-geistigen, kognitiven Empfindungs- u. a. Veränderungen, die durch die Prüfung mit einer Substanz/Arznei bei verschiedenen gesunden Prüfern aufgetreten sind. Die Arzneimittelbilder dienen dem Therapeuten als Nachschlagewerk bei der Suche nach dem passendsten Arzneimittel für seinen kranken Patienten. Die Sammlung aller Arzneimittelbilder ergibt sie sog. Materia medica homöopathica, Tierversuche sind nicht notwendig, da, wie leicht einzusehen, nur begrenzt fähig ist, sein Befinden zu äußern.

 

Potenzierung (flüssiger Zubereitungen)

 

Potenzieren oder Dynamisieren nennt man die stufenweise Verdünnung und Verschüttelung einer Arznei.

Nur durch diese Art der Arzneizubereitung erreicht man eine Minimierung der Dosis und eine Steigerung der Wirksamkeit durch Aufschlüsselung der verborgenen Arzneikräfte.

Es gibt heute C-, D- und LM- (Q-) Potenzen.

Centesimalpotenzen (in der Anfangsphase von Hahnemann ausschließlich benutzte Potenzen):

Arznei und Trägerstoff werden in einem Verhältnis 1 : 100 (= centesimal) potenziert. D.h. 1 Teil Arznei und 99 Teile Trägersubstanz werden vermischt und anschließend 10 x kräftig geschüttelt = C1; 1 Teil der C1-Arznei und 99 Teile Trägerstoff, vermischt und 10 x kräftig geschüttelt = C2 usw.

Die weitere Potenzierung erfolgt analog.

Dezimalpotenzen (zeitlich erst nach Hahnemann eingeführte Potenzen):

Arznei und Trägerstoff werden in einem Verhältnis 1 : 10 (= dezimal) potenziert. D.h. 1 Teil  Arznei und 9 Teile Trägersubstanz werden vermischt und anschließend 10 x kräftig geschüttelt = D1; 1 Teil der D1-Arznei und 9 Teile Trägerstoff, vermischt und 10 x kräftig geschüttelt = D2 usw.

 

Potenzierung (fester Zubereitungen)

 

Die Herstellung erfolgt analog. Die Verreibungen werden mit Milchzucker ebenfalls im Verhältnis 1 : 9 oder 1 : 99 vermischt und verrieben. (Verreibungszeit 3 mal 20 Min. im Mörser)

 

LM-(Q-) Potenzen

 

Von Hahnemann als letztes Verfahren entwickelte Zubereitungsform und von ihm als vollkommenste Dynamisationen bezeichnet.

„… deren Präparate ich nach vielen mühsamen Versuchen und Gegen-Versuchen als die kräftigste und zugleich mildest wirkende, d.i. als die vollkommensten befunden habe.“. 

Das Verhältnis von Arznei zu Trägerstoff beträgt 1 : 50.000. Die Herstellung ist kompliziert und bedarf mehrerer Schritte. Auch wird jede Arzneistufe durch Schüttelschläge (jeweils 100 ) zur nächsten Potenzstufe gebracht. LM steht für die römischen Bezeichnungen L = 50 und M = 1000, richtig übersetzt hieße LM aber 950. Aus Tradition und weil sich die Bezeichnung LM eingebürgert hat, blieben wir bei der Benennung LM-Potenzen. (Korrekt müssten die LM-Potenzen Q-Potenzen = Quinquagintamillesimal-Potenzen heißen nach dem lateinischen Quinquaginta mille = 50.000.)

Die Herstellung homöopathischer Arzneimittel ist im HAB (Homöopathisches Arzneibuch) festgelegt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gibt rechtsverbindliche Normen zur Herstellung, damit die Qualität homöopathischer Einzelmittel gewährleistet bleibt.

 

Unterschiede von C- und LM- (Q-) Potenzen.

Im Gegensatz zu den C-Potenzen können und dürfen die LM-(Q-) Potenzen häufiger eingesetzt werden. C-Potenzen werden in der Regel als alleinige Gabe verordnet, die Wirkungsweise wird daraufhin wochen-, u. U. monatelang ohne neue Gabe beobachtet.

LM-(Q-) Potenzen hingegen werden z. T. täglich, in akuten Fällen sogar stündlich oder noch öfter verabreicht, Grund hierfür ist, dass die LM-(Q-) Potenzen wesentlich milder in der Wirkungsweise sind und man, anders als bei den C-Potenzen, in der Regel keine wesentlichen sog. Erstverschlimmerungen sieht. Die häufigere Gabe unterstützt ein besseres Beobachten – Können des Heilungsverlaufs, ebenfalls kann der Therapeut bei Veränderung des Krankheitszustandes bzw. Befinden des Patienten das Arzneimittel schneller aussetzen, wechseln oder aber die Dosierung verändern. Somit besteht ein viel engerer Kontakt zwischen Patient und Therapeut, der Heilverlauf unterliegt einer strengeren Kontrolle durch den Homöotherapeuten und man erreicht eine kürzere Dauer der Behandlung. Für die Behandlung selbst sind die LM-(Q-) Potenzen handhabbarer. Wie oben erläutert, kann schneller auf etwaige Veränderungen, Zwischenkrankheiten, Störungen von außen (s. Antidote) etc. reagiert werden.

 

Dosierung der LM-(Q-) Potenzen

 

Die Dosierung erfolgt, wie die Arzneimittelwahl, individuell und wird der Reaktion des Patienten angepasst.

Hahnemann`s Empfehlungen für die LM-(Q-) Potenzen sind im § 248, Organon, 6. Auflage nachzulesen. Aufgrund der zunehmenden Empfindlichkeit der Patienten heute, bedingt durch Stressfaktoren chemischer und physikalischer Art, ungesunde Lebens- und Ernährungsweise, Schlafdefizit etc. hat sich ein sanfteres Vorgehen bei der Behandlung chronisch Kranker bewährt.

Grundsätzlich bleibt die Dosierungsanweisung dem Therapeuten überlassen. Er/Sie kennt den Patienten und kann somit am besten entscheiden, wann, in welcher Potenzhöhe, und in welcher Dosierung das Arzneimittel eingenommen werden sollte. Anzumerken ist, dass eine Arznei nicht homöopathisch ist, weil sie in kleinen Dosen gegeben wird, sondern sie wird in kleinen Dosen gegeben, weil sie homöopathisch(d.h. dem Leiden des Patienten sehr ähnlich) ist.

 

Die homöopathische Arznei

 

Im eigentlichen Sinne gibt es keine homöopathischen Arzneien.

Es gibt Rohstoffe/Ausgangssubstanzen, aus denen nach den Richtlinien der Homöopathie hergestellt werden.

Homöopathisch wird eine Arznei erst, wenn sie nach dem Ähnlichkeitsgesetz verordnet wird. D.h. wenn eine Arznei gefunden wird, die bei einem gesunden Prüfer ähnliche Symptome hervorgerufen hat, wie die, die der Patient als kranker Mensch jetzt aufweist.

Sog. Komplexmittel, meist potenzierte Vielgemischpräparate, können somit nie homöopathisch, d.h., dem Leiden des Patienten ähnlich, verordnet werden. Die Verordnung erfolgt hier nach klinischen Gesichtspunkten oder medizinischen Diagnosen.

Nicht so in der Klassischen Homöopathie!

 

Rohstoffe, für die in der Homöopathie verwendeten Arzneien erhält man aus dem gesamten Reich der Natur!

Pflanzenreich: z.B. Chamomilla, Lycopodium, Pulsatilla

Tierreich: z.B. Lachesis, Sepia, Latrodectus mactans

Mineralreich: z.B. Silicea, Sulfur, Natrium muriaticum

Metalle: z.B. Gold, Kupfer, Eisen

Nosoden: ( aus krankhaften Körperprodukten hergestellte Arzneien), z.B. Medorrhinum, Tuberkulinum, Pyrogenium

Organpräparate: z.B. Corpus luteum, Thymus

Allopathica: (schulmedizinische Medikamente) wie z.B. Cortison, L-Thyroxin, Östrogen, Paracetamol

Isopathica: z.B. Silberamalgan, Allergene (Katzenhaar, Pollen etc.)

Imponderabilien: (Unwägbares, äußerlich nicht fassbar), z.B. x-Ray, Luna

Chem. Verbindungen/Umwelttoxine: z.B. Formaldehyd, PCB, Lindan, PVC

Anwendungsbereiche und Grenzen der homöopathischen Heilmethode

 

Einsetzbar sind Homöotherapeutika in akuten, insbesondere aber chronischen Fällen. Vorraussetzungist die Erfüllung des Ähnlichkeitsgesetzes und die vorhandene Reaktionsbereitschaft des Patienten. Verordnet wird nicht nach Diagnosen (Migräne, Asthma, Neurodermitis, Sterilität ect.), sondern, wie schon betont, nach individuellen und den Gesetzmäßigkeiten der Homöopathie entsprechenden Kriterien. Die Grenzen der Homöopathie werden da erreicht, wo

  • der Therapeut seine Grenzen hat
  • der Organismus nicht mehr in der Lage ist, auf den Reiz der homöopathischen Information zu reagieren, oder aber
  • die Erkrankung soweit fortgeschritten ist, dass eine Heilung unmöglich wird.

Bei letzterem kann aber oft noch eine Linderung bzw. eine Verbesserung des Allgemeinbefindens erreicht werden.

 

Antidote

Während der Einnahme homöopathisch verordneter Arzneien sollten folgende Substanzen (nach Absprache mit dem Homöotherapeuten) vermieden werden: Kampher, Kaffee, Menthol, Pfefferminz, Kamille, Eukalyptus, ätherische Öle, grüner Tee, Teebaumöl, Japanisches Heilpflanzenöl, mit Bioresonanzverfahren „behandelte“ Arzneien. Grund hierfür ist, dass einige der aufgeführten Substanzen selbst arzneilische Kraft haben, z. a. sind sie oft zu stark und dominieren über die sanften Potenzen, so dass eine Wirkung gar nicht, nur sehr schwer oder aber in abgeänderter, nun unbekannter Form, auftreten kann. Zu beachten sind Salben, Zahnpasta, Cremes, Sonnenmilchprodukte, Bonbons, Einreibemittel, Badezusätze etc. Die Einnahme bzw. Benutzung o. g. Produkte sollte mit dem Therapeuten abgesprochen werden.

 

Bewährte Indikationen

 

Neben der oben beschriebenen Vorgehensweise zur Findung des passenden homöopathischen Arzneimittels gibt es sog. bewährte Indikationen. Die Verordnung bezieht sich meist auf akute Geschehnisse. Beispiele hierfür können sein:

Prellungen, blaue Flecken : (Hämatome) > Arnica

Verstauchungen, Zerrungen: > Rhus toxicodendron

Sonnenbrand: > Cantharis

Ungeachtet dieser Verordnung bleibt aber die Ähnlichkeitsregel und das Vorgehen nach den Regeln der Klassischen Homöopathie oberstes Gebot zur Findung des Homöotherapeutikums.

(aus „Grundzüge der Homöopathie“ von Dr. med. K. Schwabe, Ausgabe 1997)

 

Mit freundlicher Genehmigung von Arcana®